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Freitag, 31. August 2018

"Die schwärenden Wunden der Buchbranche"

Die Autorin Bettina Belitz legt immer mal wieder den Finger auf die (sehr) wunden Punkte der Buchbranche. In ihrem neusten Blogartikel berichtet sie über die Erfahrung mit ihrer Serie "Mein Date mit den Sternen". Es sind Erfahrungen, die viele AutorInnen in solcher oder ähnlicher Form kennen. Wenn wir uns untereinander austauschen, sind das die Themen, die uns beschäftigen und über die wir sprechen.

Ich habe meine Konsequenzen aus solchen Erfahrungen gezogen. Es war ein langer, schmerzhafter Prozess mit Wunden, die nur sehr langsam heilten und in dessen Verlauf ich sehr ernsthaft darüber nachdachte, mit dem Schreiben aufzuhören. Heute geht es mir wunderbar. Ich bin innerlich ruhig und gelassen (mit gelegentlichen Ausnahmen, die meinem Temperament geschuldet sind), voll motiviert und vor allem voller Ideen. Ich spüre eine unbändige Schreiblust, arbeite an tollen Projekten, bin begeisterte Verlegerin.

Manchmal werde ich gefragt, ob ich denn nicht alle meine Geschichten einfach im da bux Verlag veröffentlichen wolle / könne. Die Antwort ist Nein. Weder will noch kann ich. Zum nicht wollen: Der Verlag ist kein Vehikel, das für meine Bücher geschaffen wurde, er entspringt einem ganz anderen Gedanken. Zum nicht können: Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht, denn da bux ist ein wunderbarer kleiner Nischenverlag für ein  bestimmtes Zielpublikum. Da würden meine umfangreicheren Bücher gar nicht reinpassen.

Im Augenblick gebe ich meine Backlist im Self Publishing heraus. Ich schreibe aber auch an neuen Projekten. Auf Verlagssuche bin ich damit nicht, werde auch nicht auf Verlagssuche gehen. Eher wahrscheinlich ist, dass ich diese Titel im Self Publishing herausgeben werde. Oder sehr gerne auch bei einem kleinen, engagierten Verlag, dem seine AutorInnen etwas wert sind, auch wenn sie nicht Zehntausende von Büchern verkaufen.

Das eigentlich Schönste an der ganzen Sache ist, dass ich solche Zeilen heute ohne den leisesten Anflug von Verbitterung und Enttäuschung schreiben kann. Die Wunden sind vernarbt, die Narben tun nicht mehr weh. Ich liebe meinen Beruf.

Donnerstag, 1. März 2018

Begeisterung und Herzblut

Ich nehme dieser Tage einen Crashkurs in Sachen Autoren, Verlage und Bücher. Ein Crashkurs, der mich keinen Cent, sondern nur Zeit kostet. Zeit, die ich gerne dafür einsetze. Ich muss auch nirgendwo hinfahren, denn ich bekomme diesen Kurs frei Haus geliefert, in Form von Bettina Belitz' youtube Videos. Am Sonntag habe ich mir ihren Beitrag "Wozu braucht ein Autor eigentlich einen Verlag?" angeschaut und heute nun "Wie wird aus einem Buch ein Bestseller?" Wer dabei jede Menge Reissbrettideen oder Marketingspeech erwartet, liegt meilenweit daneben. Bettina Belitz greift einen sogenannt weichen Faktor auf: die Begeisterung. Eigentlich sollte diese Begeisterung selbstverständlich sein. Ist sie aber nicht (mehr).

Bettina Belitz beginnt in ihrer Analyse bei den Autoren. Die sollten begeistert von ihren Ideen sein, begeistert von ihren Figuren, begeistert von ihren Geschichten. Und auch hier kommt ein Eigentlich: Eigentlich sind wir das. Oder waren es zumindest, bis wir nach ein paar Büchern gemerkt haben, dass sie untergehen können, im Meer der Neuheiten abtauchen und nicht zu den Leuten gelangen, für die wir sie schreiben: Unsere LeserInnen. Und deshalb beginnen wir uns zu schützen. Erlauben uns nicht mehr die kindliche Begeisterung, mit der wir anfangs Bücher geschrieben haben, weil wir Angst haben, dass wir enttäuscht werden. Je grösser die Begeisterung, desto tiefer die Enttäuschung, wenn es nicht klappt. Also ziehen wir eine Schutzschicht hoch. Weil es weh tut, wenn eine Geschichte, in die wir unser Herzblut gesteckt und lange daran gearbeitet haben, einfach lautlos absäuft.

Wie schon am Sonntag hat Bettina mitten ins Schwarze und auch mitten in mein Herz getroffen. Ja! Bei mir war das so: Irgendwann kam der Punkt, an dem ich mich schon beim Unterschreiben des Vertrags für ein Buch gegen Cover wappnete, die mir nicht gefallen, gegen das Wissen, dass mein Buch nicht beworben wird, gegen die Ahnung, dass es wahrscheinlich sang- und klanglos untergeht. Beim Schreiben vergisst man das zum Glück, da ist man voll und ganz bei seinen Figuren und seiner Geschichte, aber in den Schreibpausen, da tauchen diese Gedanken auf und können bis zur totalen innerlichen Lähmung führen.

In ihrem Video beschreibt Bettina Belitz die Stationen, die ein Buch durchläuft: Autor, Lektorat, Grafik, Marketing, Vertrieb, Buchhandel und stellt fest: Aus dem breiten und starken Fluss der Begeisterung beim Autor wird im Laufe dieser Stationen immer häufiger ein Bach, dann ein Bächlein und oft versiegt diese Begeisterung schon vor der Veröffentlichung des Buches. Und es stellt sich die Frage: Wie soll man die Leser anstecken mit etwas, das nicht mehr da ist? Wie soll man sie so sehr für eine Geschichte begeistern, dass sie sie weiterempfehlen, wenn die eigene Begeisterung fehlt oder abhanden gekommen ist?

Natürlich ist niemand so naiv zu glauben, dass Begeisterung alleine Garantie für einen Bestseller ist, nicht einmal für gute Verkaufszahlen. Da gibt es viele andere Faktoren. Aber für mich ist es einleuchtend, dass ohne Begeisterung kein Feuer entfacht werden kann. (Das ist übrigens das Credo meiner Agentin, einer der Gründe, weshalb ich sie für eine tolle Agentin halte).

Was bedeutet das für mich?

Rückblickend kann ich sagen: Es gab beides. Bücher, bei denen die Begeisterung über alle Stufen hinweg stimmte. Einige davon haben sich gut bis sehr gut verkauft, andere nicht. Bei jenen, bei denen es trotz allem nicht geklappt hat, ist ein Bedauern da, aber kein Schmerz, bei manchen sogar Dankbarkeit dafür, dass die Begeisterung des Verlags das Buch überhaupt erst möglich gemacht hat. Anders sieht es bei jenen Büchern aus, bei denen die Begeisterung schon vor dem Erscheinungstermin versiegte. Da hat es wehgetan, tut es zum Teil heute noch weh.

Und jetzt? Ich mache mir nichts vor: Für einen Bestseller fehlen mir ziemlich viele der oben angesprochenen anderen Faktoren. Das kann und vor allem will ich nicht ändern. Alles, was ich habe sind: Das Talent, Geschichten zu erzählen, meine Figuren, die ich erfinde, die Geschichten, die ich ihnen auf den Leib schreibe, das Herzblut, mit dem ich das mache. Und eben: die Begeisterung für meine Figuren und Geschichten. Dieser Begeisterung werde ich in Zukunft wieder viel mehr Sorge tragen. Angefangen damit habe ich schon vor einer Weile. Ich habe Angebote abgelehnt, weil sie für mich nicht stimmten. Ich konnte meiner Agentin rationale Gründe dafür nennen. Heute wird mir bewusst: Bei diesen Angeboten hat nicht zuletzt auch die Begeisterung gefehlt. Ich werde also bei einer zukünftigen Suche nach einem Verlag für meine Geschichten diesen Faktor ganz weit nach oben stellen. Vor die Grösse des Verlags. Vor die Höhe des Vorschusses. Vor ein "lieber ein Verlag ohne Begeisterung als gar keiner". Ich werfe meinen Fatalismus über Bord ("dann habe ich wenigstens eine Neuerscheinung und komme damit zu Lesungen und Lesetouren") und gehe ganz an den Anfang zurück. Dorthin, wo nichts ausser das tief aus mir herauskommende Schreiben wichtig war.

PS: Die Begeisterung und das Herzblut lebe ich als Verlegerein seit nunmehr gut zwei Jahren zusammen mit meinen da bux Kollegen Stephan Sigg und Tom Zai. Ich lebe es auch als Self Publisherin meiner Jugendbücher, wo ich mich stundenlang völlig absorbiert in Feinschleifrunden und Detailaufgaben verliere. Und nicht zuletzt darf ich das immer mal wieder mit dem Radio erleben, wo mir Leute zur Seite stehen, denen die Begeisterung nie abhanden zu kommen scheint. Es bestehen also Zuversicht und Hoffnung!